Von kleinen und großen Ereignissen in der Geschichte der Detmolder Eisenbahn

Die Reihe über die Geschichte der Eisenbahn in Detmold wird in diesem Beitrag mit der Darstellung von markanten Ereignissen fortgesetzt. Hierbei spannt sich der Bogen von der Einweihung der ersten Eisenbahn auf lippischem Boden bis in unsere heutige Zeit.

1880: Die CME-Stichstrecke Herford-Lage-Detmold wird eingeweiht

Zur Einweihung der CME-Stichstrecke1 vom CME-Stammgleis in Herford über Lage bis nach Detmold lässt sich in alten Presseartikeln Folgendes nachlesen2:

„Am 31. Dezember 1880 setzte sich der Eröffnungszug unter dem Jubel der Bevölkerung zur ersten Fahrt durch das Lipperland in Bewegung. Der erste Tag brachte natürlich einen übergroßen Verkehr auf der neuen Strecke mit sich. Den Rekord scheint aber der zweite Januar geschlagen zu haben, an dem der Andrang ganz ungewöhnliche Dimensionen annahm. Der Riesenbrand, der am Morgen des gleichen Tages die Hoffmannsche Stärkefabriken in Trümmer legte, wird sicherlich seinen Teil dazu beigetragen haben, dass der fahrplanmäßig um 1.13 Uhr abgehende Zug erst mit über einstündigen Verspätung seine Fahrt antreten konnte. Alle vorhandenen Personen- und sogar Viehwagen mussten benutzt werden, um die Fahrgäste unterzubringen. […] Am Eröffnungstag 1880 übernahm Georg Meier die Bahnhofswirtschaft, die sich unter seiner Führung bald einen guten Ruf erwarb. […] Die Detmolder Bahnhofswirtschaft wurde besonders auch wegen der vortrefflichen Küche weit und breit gerühmt und der Stammtisch zog viele Detmolder an. […] Silvester 1905 beging Georg Meier sein 25jähriges Jubiläum als Bahnhofswirt, aber schon am 27. September 1906 starb er, von allen, die ihn gekannt, aufrichtig betrauert. Seine Gattin Maria Meier führte die Bahnhofswirtschaft in alter Weise noch 25 Jahre, bis 1931, fort. Aus früherer Zeit sind vom Bahnhofsdienst u. a. zu nennen: die Bahnhofsvorsteher Schulz und Hustedt, Oberbahnhofsvorsteher Wilhelm Stöcker, von 1895 bis 1905, nachher Steinmetz; […] nicht zu vergessen die stadtbekannten Gepäckträgerinnen Franziska Holz und Frau Raddau, die mit ihren Handwagen in Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit mit dem Eisenbahnfahrplan wetteiferten.”

1881: die Gewerbeausstellung findet in unmittelbarer Bahnhofsnähe statt

Im Juli und August 1881 fand quasi vor den Toren des Bahnhofes, die Detmolder Gewerbeausstellung statt. Platz für diese Veranstaltung war mehr als reichlich vorhanden, da das Bahngelände (wie damals üblich) etwas außerhalb angelegt wurde. Heute kaum mehr vorstellbar ist die Tatsache, dass man zu diesem Zeitpunkt noch hindernisfrei vom Bahnhof bis zum Kaiserlichen Postamt (Paulinen-/Ecke Bismarckstraße) sehen konnte. Wenngleich nähere Angaben nicht verfügbar sind, so darf doch aber angenommen werden, dass die Gewerbeausstellung viele Besucher anlockte, die – naheliegender Weise – mit der Bahn anreisten.

1888: Kaiser Wilhelm II. und andere gekrönte Häupter besuchen Detmold

Am 25.09.1888 bekam der Detmolder Bahnhof Allerhöchsten Besuch, denn Kaiser Wilhelm II. besuchte im ersten Jahr seiner Regentschaft Detmold. Dabei kann als sicher gelten, dass die Anreise mit dem imposanten kaiserlichen Hofzug erfolgte. Die damalige Presse3 berichtete über diesen Besuch wie folgt:                                                                                                   „Kurz vor 8 Uhr abends herrschte auf dem Bahnhofsplatz lautlose Stille … Soweit das Auge nach der Richtung von Lage hin schauen konnte, waren die Berge in ein einziges Flammenmeer getaucht. Jetzt fährt die fürstliche Gala-Equipage vor, die Flügeltür des fürstlichen Bahnhofseinganges wird geöffnet. Da tritt der hohe Herr aus der Tür hervor, freundlich nach rechts und links grüßend …” Die Szene, auf die der Pressebericht abstellt, beschreibt den bis heute in Erinnerung gebliebenen Empfang Wilhelms II. im sog. Fürstenzimmer4. Darüber hinaus wurde am Detmolder Bahnhof auch häufiger der König von Sachsen empfangen, wobei hierzu weder genaue Daten noch die Gründe für die häufigen Besuche oder die Art der hierfür benutzten Züge vorliegen.

1892/1893: die Detmolder Bahnhofsgleise werden angehoben

Vor dem Hintergrund der Weiterführung der Strecke von Detmold bis nach Himmighausen (Altenbeken) wurden die Gleise im Detmolder Bahnhof um fast vier Meter angehoben. Die Notwendigkeiten, die bauliche Umsetzung und die Auswirkungen auf die Detmolder Bahn wurden bereits verschieden in dieser Artikelserie und in früheren Mitteilungsblättern ausgiebig angesprochen. Sie werden daher an dieser Stelle nicht weiter vertieft5. Aufgrund des Umfanges und der Dauer der Arbeiten versteht es sich von selbst, dass dieses Ereignis für Detmold von allergrößter Bedeutung war, sowohl eisenbahntechnisch (Streckendurchbau mit Netzschluss Altenbeken/Herford) als auch in städtebaulicher Hinsicht (Bahndamm als teilendes Element, keine niveaugleichen Kreuzungen der Gleise mit Straßen im kernstadtnahen Bereich).

1895: die Kaiserin Friedrich besucht Detmold

Altaktenbeständen des ehemaligen Lagenser Magistrates ist zu entnehmen, dass die Gemahlin des Kaisers Friedrich beabsichtigte, per Eisenbahn nach Detmold zu reisen6. Der Hintergrund des am 07.12.1895 stattgefundenen Besuches ist nicht bekannt; ebenso wenig ist bekannt, ob für die Fahrt zum lippischen Regierungssitz der kaiserliche Hofzug eingesetzt wurde oder ob die Kaiserin „nur” per Sonderzug anreiste.

1895: die bis Himmighausen (Altenbeken) weitergeführte Strecke wird eingeweiht

Mit der 1892/1893 erfolgten Höherlegung der Gleise im Bereich des Detmolder Bahnhofes waren wesentliche Voraussetzungen für die Weiterführung der Strecke Richtung Horn, Leopoldstal und Himmighausen geschaffen7. Die Inbetriebnahme des neuen Streckenabschnittes, der letztlich die beiden wichtigen Eisenbahnknoten Altenbeken und Herford miteinander verband, erfolgte am 01.07.1895.

1900: die Straßenbahn wird in Betrieb genommen

Am 01. März 1900 wurde in Detmold der Straßenbahnbetrieb aufgenommen, wobei die Linien zunächst noch am Postamt, an der Paulinenstraße endeten. Innerhalb der nächsten Monate wurde das Streckennetz um die nicht rechtzeitig zur Eröffnung fertiggestellten Abschnitte Postamt – Bahnhof und Schmiedeberg – Gasthof „Kanne” erweitert, wobei am Bahnhof noch ein zusätzliches Umladegleis hergestellt wurde8. Damit der Vorplatz als Verknüpfungspunkt des schienengebundenen Verkehrs dienen konnte, dürfte er aller Wahrscheinlichkeit nach in nicht unerheblichem Maße umgestaltet worden sein. Nähere Angaben dazu liegen leider nicht vor.

1909: Die „Pankgrafen” fallen in Detmold ein

In die Kategorie „Heiteres” ist der Besuch der sog. „Pankgrafen” einzuordnen. Benannt nach dem Bach Panke, welcher Berlin durchfließt, handelte es sich bei den „Pankgrafen” um „lustige Brüder, große Liebhaber des Weißbieres und Spaßmacher” wie eine zeitgenössiche Zeitschrift zu berichten wusste. Immehin kam die „Pankgrafen-Vereinigung von 1381″ mit nicht weniger als 304 Mann nach Detmold, wobei die heitere Meute eigens mit einem Sonderzug anreiste. Die „Inbesitznahme” Detmolds fand am 26.06.1909 statt, als der Zug um 19.00 Uhr in den Bahnhof einfuhr. Oberbürgermeister Wittje übergab den Pankgrafen als Zeichen der Unterwerfung den Stadtschlüssel, woraufhin der Trubel seinen Anfang nahm und die Pankgrafen mit den Detmoldern noch bis in den frühen Morgen feierten9.

1912: Internationale Fernverkehrszüge halten in Detmold

Soweit bekannt ist, sind die Züge der Holländischen Eisenbahn Gesellschaft die einzigen internationalen Fernverkehrszüge, die bis heute in Lippe planmäßig hielten (einziger lippischer Zusteigehalt war Detmold). Erhalten blieb ein Fahrplan, herausgegeben am 01.05.1912, gültig für den Sommer des gleichen Jahres. Hieraus ist ersichtlich, dass die hierin genannten Verbindungen letztlich den Harz, den Teutoburger Wald und Thüringen touristisch erschließen wollten. Den Detmold berührenden Zuglauf muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: London – Hoek van Holland – Rotterdam – Amersfoort – Rheine – Löhne – Detmold – Altenbeken – Cassel – Eisenach – Gotha – Erfurt – Weimar10. Leider ist nicht bekannt, wann dieser Verkehr aufgenommen wurde und wie lange er letztlich Bestand hatte (Einstellung spätestens wohl mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914). Der vorgenannte Fahrplan ist die einzige bekannte Quelle zu dieser für hiesige Verhältnisse ungewöhnlichen Reisemöglichkeit. Ungewöhnlich war auch, dass Auskünfte und Fahrkarten für diese Züge nur bei August Pechmann, Kölnische Straße 16 in Kassel zu bekommen waren, Fahrausweise also nicht am Detmolder Fahrkartenschalter gelöst werden konnten.

1914 bis 1918: die Zeit des Ersten Weltkrieges

Die Zeit des Ersten Weltkrieges und ihre Bedeutung für die Eisenbahn in Demold wird in einem späteren Beitrag noch näher dargestellt.

1919: das Ende der fürstlich lippischen Regentschaft

Die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg markierte unter anderem das Ende der Monarchie im Deutschen Reich. Diese Entwickung blieb auch für Lippe nicht folgenlos, da Fürst Leopold IV. am 12.11.1919 abdankte. Die fürstlichen Räumlichkeiten im Bahnhof Detmold wurden daher für landesherrliche Zwecke nicht mehr benötigt, sodass sie fortan anderweitig Verwendung fanden11.

1920: die KPEV geht in der Deutschen Reichsbahn auf

Der 1880 von der Cöln Mindener Eisenbahngesellschaft errichtete Bahnhof ging schon bald nach seiner Inbetriebnahme in der Königlich Preußischen Eisenbahn Verwaltung (KPEV), also in der preußischen Staatsbahn, auf. Auch die übrigen großen deutschen Flächenstaaten betrieben eigene Bahngesellschaften, die allerdings wegen technischer und wirtschaftlicher Notwendigkeiten per 01.04.1920 zur Deutschen Reichsbahn zusammengeschlossen wurden. Damit bestimmte fortan eine Anstalt des Deutschen Reiches die lippischen Eisenbahngeschicke und nicht mehr das Königreich Preußen. In den bis dahin 32 Jahren seines Bestehens hatte der Detmolder Bahnhof damit bereits den dritten Hausherren bekommen.

1926: die Fahnen ehemaliger lippischer Militäreinheiten werden eingeholt

Aus Anlass der Einweihung des Denkmals für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten des Infanterie-Regimentes 55 (I.R. 55) wurden aus dem Zeughaus in Berlin die Fahnen der ehemaligen drei lippischen Militäreinheiten nach Detmold zurück gebracht12. Der Rücktransport der Fahnen erfolgte mit Hilfe der Eisenbahn, so dass sich am 13.06.1926 am Bahnhof eine „unübersehbare Menschenmenge” einfand, bevor die Fahnen von der Traditionskompanie zum Denkmal geleitet wurden.

1929: die Fahnen ehemaliger lippischer Militäreinheiten kehren nach Detmold zurück

Die 1926 aus Berlin nach Detmold zurückgebrachten Fahnen, wurden im Juni 1928 in den Bestand des Westfälischen Landesmuseums in Münster aufgenommen. Aber schon im darauffolgenden Jahr (am 02.06.1929) kehrten sie anlässlich des 50jährigen Jubiläums des Lippischen Kriegerbundes ein weiteres Mal nach Detmold zurück. Wie bereits drei Jahre zuvor, geschah der Transport der Fahnen per Bahn und es war wiederum die Traditionskompanie, die die Fahnen am Detmolder Bahnhof in Empfang nahm13. Anders als bei dem Ereignis 1926 ist hier allerdings nicht bekannt, ob sich auch diesmal wieder eine große Menschenmenge am Bahnhof eingefunden hatte, um dem Anlass beizuwohnen.

1934: NS-Größen besuchen Detmold

Am 16.05.1934 wurde der neue „Reichsstatthalter” für Lippe am Detmolder Bahnhof abgeholt, wobei auch etliche NS-Größen und ein Staatsminister zugegen waren14. Daneben gab es am Bahnhof sog. „Erinnerungstreffen”, von denen Bildbelege in der Fotosammlung der Lippischen Landesbibliothek (online) verfügbar sind. Nach den Bildunterschriften zu den dortigen Fotos soll auch Hitler zweimal an den Treffen teilgenommen haben.

1939 bis 1945: die Zeit des Zweiten Weltkrieges

Die Zeit des Zweiten Weltkrieges und ihre Bedeutung für die Demolder Eisenbahn wird in einem späteren Beitrag noch näher dargestellt.

1948: die Bahnhofsgastronomie wird einer gründlichen Renovierung unterzogen

Menninghaus weist auf die im Jahre 1948 erfolgte Renovierung der Bahnhofsgaststätte hin15 und führt dazu aus: „Diese solide Arbeit mit einer gediegenen Deckenvertäfelung ist bis heute (Anm. d. Verf.: 1980) gut erhalten und zeugt von der Qualitätsarbeit jener Jahre.” Möglicherweise wurden zugleich Umbauarbeiten vorgenommen, da etwa zum gleichen Zeitpunkt die Wartesäle vergrößert wurden, indem ein ehemaliger Verbindungsgang und das schon längst nicht mehr benötigte sog. „Damenzimmer” der Saalfläche zugeschlagen wurden16.

1951: Bundespräsident Theodor Heuss besucht Detmold

Am 01.07.1951 besuchte der erste Präsident der noch jungen Bundesrepublik Deutschland, Herr Theodor Heuss, den Regierungssitz in Detmold. Heuss reiste mit einem Sonderzug an und wurde am Bahnsteig u. a. vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Arnold sowie Herrn Regierungspräsidenten Drake begrüßt. Nach seinem Detmolder Besuchsprogramm reiste Heuss nach Lemgo weiter, um dort an den Eröffnungsfeierlichkeiten der Lippischen Heimattage teilzunehmen17.

1953: der Bahnhofsvorplatz wird umgestaltet

Die Stadt Detmold bietet auf ihrer Internetseite eine Fülle historischer Fotos, unter anderem vom Bahnhofsvorplatz. Nach den jeweiligen Bildunterschriften soll der Platz um 1960 herum umgestaltet worden sein. Wahrscheinlicher ist aber, dass der Umbau bereits 1953 stattfand, nachdem durch die Einstellung des Betriebes der Drehscheibe und des Ringlokschuppens (zum 01.03.1952) der hierfür notwendige Platz im westlichen Teil des Vorplatzes zur Verfügung stand und Stellplätze für den sich ausweitenden Post- und Bahnbusverkehr dringend benötigt wurden18.

1954: das Ende der Detmolder Straßenbahnära

Seit ihrer Inbetriebnahme im Jahre 1900 gehörte die Straßenbahn zum Detmolder Stadtbild und nicht zuletzt machte sie die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes erforderlich. Schon bald nachdem das Straßenbahnnetz 1928 seine maximale Ausdehnung erreichte, schwand seine Bedeutung zunehmend und bereits 1936 erfolgte die erste Einstellung zweier Linien. Von den urprünglich 8 Linien, die zum Teil immerhin bis nach Paderborn fuhren, wurden nach dem Kriege die 6 verbleibenden Linien fortgeführt. Von Bestand waren diese aber nicht, da in den Jahren 1951 und 1953 zwei weitere Linien mangels Rentabilität eingestellt werden mussten. Die vier restlichen Linien, und damit die Detmolder Straßenbahn als Ganzes, gehörten aber schon im Folgejahr der Vergangenheit an. Der letzte Fahrgast entstieg am 15.08.1954 am Detmolder Bahnhofsvorplatz einer Straßenbahn19.

1970: die kommunale Neugliederung

Im Zuge der kommunalen Gebietsreform verloren bislang selbständige kleine und kleinste Gemeinden ihre rechtliche Eigenständigkeit und wurden mit anderen Kommunen zu größeren Verwaltungseinheiten verschmolzen. So wurden u. a. die früher eigenständigen Gemeinden Remmighausen und Nienhagen der neuen Stadt Detmold zugeschlagen, womit diese auf ihrem Stadtgebiet sozusagen „über Nacht” zwei weitere Bahnhöfe hinzu bekam. Die Geschichte dieser Stationen, auf denen nur noch bis Mitte der 1980er Jahre Personenverkehr abgewickelt wurde, wird noch in besonderen Beiträgen nachgezeichnet.

1974: das Zugunglück bei Heidenoldendorf

 

Am Tag nach dem Zusammenstoß eines Güter- und eines Personenzuges im Stadtteil Heidenoldendorf liegt einer der beteiligten gedeckten Güterwagen noch umgestürzt am Bahndamm. Es entstand erheblicher Personen- und Sachschaden (Foto: U. Genz, Aufnahme vom 16.02.1974).

Am 15. Februar 1974 hatte Köf 323 255 (ex Köf 6629) in Horn-Bad Meinberg und in Remmighausen jeweils fünf Güterwaggons an den Haken genommen, um diese nach Detmold zu bringen. Auf der nach Detmold hin abschüssigen Strecke beschleunigte die Einheit sehr stark, da der Druck der Waggons die Bremsleistung der kleinen Lok bei weitem übertraf. Da die Köf über keine Indusi verfügte, durchfuhr sie mit hoher Geschwindigkeit den Detmolder Bahnof und wurde auch durch das an der westlichen Bahnhofsausfahrt auf „Halt” stehende Signal nicht gestoppt. Aufgrund des weiter zunehmenden Gefälles beschleunigte die Rangiereinheit beständig weiter und stieß dann gegen 17.40 h mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 km/h bei Heidenoldendorf mit einem von Lage kommenden und von Diesellok 216 071 geführten Personenzug zusammen. Das Köf-Personal konnte glücklicherweise vor dem Zusammenstoß abspringen, insgesamt forderte das Unglück 22, zum Teil schwer Verletzte, und einen Sachschaden von umgerechnet rd. 750.000 €. Während die Köf nur noch verschrottet werden konnte, wurde 216 071 nach Bremen-Sebaldsbrück geschleppt, dort wieder instand gesetzt und konnte noch bis zu ihrer 19 Jahre später erfolgten Ausmusterung weiter eingesetzt werden20.

1975: die Strecke Herford-Lage-Detmold-Himmighausen wird elektrifiziert

Die Elektrifizierung des bundesdeutschen Streckennetzes schritt 1975 weiter voran. Insgesamt nahm die Bundesbahn in jenem Jahr 17 Streckenelektrifizierungen vor, hiervon allein drei im Bereich der Bundesbahndirektion Essen, worunter sich auch die 46,44 Kilometer lange lippische Nord/Südstrecke befand. Den Einzug der neuen Traktionsart ins Lippische feierte man am 27.05.1975 mit einem hübsch herausgeputzten Eröffnungszug, bestehend aus der Ellok 112 309-0, die einen zu ihrem eigenen Farbkleid passenden TEE-Wagenpark beförderte. Aus Lage sind Bilder vom Halt dieses festlich geschmückten Zuges bekannt, aus Detmold leider nicht, obwohl anzunehmen ist, dass der Zug auch dort freundlich begrüßt worden sein dürfte21.

1978: die neue Güterabfertigung geht in Betrieb

Im Jahre 1978 konnte auf dem Detmolder Bahnhof die neue Güterabfertigung, bestehend aus einem Verwaltungsgebäude und der Güterhalle, in Betrieb genommen werden. Als einzige in Lippe wurde sie nach dem „Modell 400″ der Deutschen Bundesbahn errichtet22. Was sich genau hinter der Bezeichnung „Modell 400″ verbirgt ist nicht bekannt; sie hängt möglicherweise mit dem erst wenige Jahre zuvor eingerichteten „Knotenpunktmodell” zusammen, dass den Bereich der Güterabfertigungen effizienter gestalten sollte.

1981: die Ausstellung „100 Jahre Eisenbahn in Lippe” wird gezeigt

Am 01.01.1881 verkehrten die ersten planmäßigen Züge auf lippischen Gleisen. Dieses für unsere Region denkwürdige Datum war Anlass für eine kleine Feierstunde und eine sich daran anschließende Ausstellung, die in der Zeit vom 09. bis 20.02.1981 in den Räumen der Sparkasse am Lagenser Marktplatz gezeigt wurde. Zu den interessanteren Ausstellungsstücken gehörte ein Fahrkartendrucker, der noch bis zum Oktober des Vorjahres auf dem Detmolder Bahnhof in Betrieb war. Mit ihm konnte jeder Ausstellungsbesucher seine eigene Fahrkarte drucken, was auch gern in Anspruch genommen wurde, da die zugleich mit aufgedruckte Nummer zur Teilnahme an der Verlosung einer Reise berechtigte23.

1985: das Jubiläum „150 Jahre deutsche Eisenbahnen”

Das Jahr 1985 stand landauf landab ganz im Zeichen des 150. Geburtstages der deutschen Eisenbahnen. Wer erinnert sich dabei nicht gern an die

Das Highlight der Detmolder Fahrzeugschau aus Anlass des Bahnjubiläums war zweifellos der ehemalige TEE-Triebzug 601 016. Am rechten Bildrand ist 044 508-0 zu erkennen, die auf der Seite der Güterabfertigung zusammen mit 221 109-2 und einer Ellok der BR 140 die Besucher anlockte (Foto: K. Soppa, Aufnahme vom 19.05.1985)

vielgerühmten Fahrzeugparaden in Nürnberg, an die Veranstaltungen in Bochum-Dahlhausen oder aber an die Ausstellungszüge der DB, die in zahlreichen Großstädtbahnhöfen zu Gast waren. Auch in Lippe wurde gefeiert. Neben Pendelfahrten mit dem ICE-Prototyp und dem Nachbau des „Adlers” zwischen Bad Salzuflen und Herford24 fand am 18. und 19.05.1985 ein Tag der offenen Tür als zentrale Veranstaltung im Bahnhof Detmold statt. An Programmpunkten wurden dem interessierten Publikum u. a.

Das 1989 in Betrieb genommene elektronische Stellwerk wurde an der westlichen Bahnhofsausfahrt angelegt. Bis in die 1950er Jahre führte hier das Verbindungsgleis zum Lokbahnhof entlang, das zum übrigen Bahngelände einen Höhenunterschied von rund 4 m überwinden musste (Foto: K. Soppa, Aufnahme vom 16.03.2008).

 

 

 

 

 

 

 

eine Fahrzeugschau geboten (Lokomotiven, Reisezugwagen und Güterwagen), eine Modellausstellung, Sonderfahrten zwischen Detmold und Herford, Filmvorführungen und Fotoausstellungen sowie an beiden Tagen Platzkonzerte. Nebenbei lud die DB die Besucher des Festes zur Besichtigung ihres neuen Detmolder Reisezentrums ein25.

 

1989: das elektonische Stellwerk nimmt seine Arbeit auf

In der Nacht vom 29. auf den 30.05.1989 waren auf den Bahnhöfen Detmold und Remmighausen etwa 150 Bundesbahner damit beschäftigt, Weichen und Signalanlagen ab- oder umzubauen. Die Arbeiten wurden erforderlich, damit das neue elektronische Stellwerk in Detmold seinen Betrieb aufnehmen konnte26. An diesen besonderen Tag erinnern seither zwei große, aus Messing gegossene Schilder mit folgender Inschrift:

Erstes elektronisches Stellwerk

der Bundesbahndirektion Essen

In Betrieb genommen am 30. Mai 1989

Erstellt durch die Fa. Siemens

DB SIEMENS

Während eines der Schilder an der Straßenseite des Stellwerkes angebracht wurde, zierte das andere bis zur Renovierung 2006/2007 die Empfangshalle im Bahnhofsgebäude, wo es sorgfältig in die graue Wandverkleidung aus marmorähnlichen Kunststeinplatten eingelassen war.

1990 – 2002: langwierige Vertragsverhandlungen zwischen Stadt und Bahn über den Ankauf des Empfangsgebäudes

Bis 1990 reichen die ersten Versuche der Stadt Detmold zurück, der Bahn das Empfangsgebäude abzukaufen. Aber erst zur Jahrtausendwende hatten die Verhandlungen einen als konkret zu bezeichnenden Stand erreicht. Allerdings waren sich die im Rat der Stadt vertretenen Parteien noch über die Frage uneinig, ob der Ankauf wirklich erfolgen sollte. Kurze Zeit später (in 2001) wurde nämlich die Meinung vertreten, die Stadt solle vom Erwerb des Gebäudes doch besser Abstand nehmen. Der Hauptgrund für diese ablehnende Haltung war die im Verhältnis zur Innenstadt etwas abseits gelegene Lage des Bahnhofes. So wurde darüber nachgedacht, ob es eventuell sinnvoller ist, den alten Bahnhof ganz zu schließen und sich stattdessen mit einem stadtnahen simplen Haltepunkt zu begnügen (als Standort war der Hasselter Platz ins Gespräch gebracht worden). Diese Stimmen verstummten allerdings so schnell wieder, wie sie gekommen waren und im Jahr darauf wurde zwischen Stadt und Bahn der Kaufvertrag abgeschlossen. Nach einer Umbauphase in den Jahren 2006/2007 erfolgte im Dezember 2007 die Wiedereinweihung des Gebäudes, allerdings war insbesondere im näheren Umfeld noch das eine oder andere in Ordnung zu bringen27.

2004: der ehemalige Güterschuppen findet eine neue Verwendung

Etwa in 2004 (genauere Angaben über den Zeitpunkt können leider nicht gemacht werden) wurde der längst überflüssig gewordene Güterschuppen einschließlich des erst 1978 neu errichteten Verwaltungsgebäudes in eine private Nutzung überführt. Seither werden nicht nur die Räume der ehemaligen Güterabfertigung sondern auch die zum Gleis hin gelegene Rampenfläche als Lagermöglichkeit (insbesondere für Paletten) genutzt. Dies trägt nicht gerade zur Verschönerung des Anblicks aus Richtung Bahnsteig bei. Erwähenswert ist noch ein Anbau, der den Schuppenkomplex seit einigen Jahren nach Westen hin verlängert.

Konrad Soppa

  1. Cöln Mindener Eisenbahn (CME)
  2. Lippische Landeszeitung, Ausgaben vom 31.12.1930 und 31.12.1955 (zitiert nach Menninghaus, W., 100 Jahre Eisenbahn in Lippe (Lübbecke 1980), S. 53 bzw. 76)
  3. Lippische Landeszeitung, Ausgabe vom 26.09.1888, zitiert nach Verdenhalven, Detmold Anno dazumal, Lemgo 1979, S. 67
  4. Lippe Aktuell, Ausgabe vom 09.02.2008; Menninghaus (100 Jahre), S. 78
  5. Zur Situation vor dem Durchbau der Strecke  siehe auch den Lageplan bei Genz, U., 100 Jahre Eisenbahnstrecke Detmold-Altenbeken, in: Mitteilungsblatt Eisenbahnfreunde 5/1995, S.3-5, sowie die Fortsetzung in 7/8 1995, S. 3-4; Soppa, K., Bahnhof Detmold gehört jetzt der Stadt, in: Mitteilungsblatt Eisenbahnfreunde 2/2005, S. 4-6
  6. StA Lage, 3150
  7. Genau genommen endete die Strecke an ihrer Einmündung in das Gleis der Hannover Altenbekener Eisenbahn (HAE) bei Himmighausen. Allgemein wird aber der nahe gelegene Eisenbahnknoten Altenbeken als Endpunkt der lippischen Nord/Südstrecke bezeichnet
  8. (www.spicher-online.de/leag/leag), Stand der Website vom 16.08.2005; zum Thema allgemein siehe auch Menninghaus, W., Straßenbahnen in Lippe-Detmold und im Paderborner Land (Lübbecke 1987)
  9. Verdenhalven, S. 130
  10. Andere Zugläufe endeten in Wernigerode, Thale
  11. Die korrekte Anschlussnutzung der ehemals fürstlichen Räume ist nicht bekannt. Die entsprechenden Räume im Schiederaner Bahnhof übernahm der seinerzeitige Bahnhofswirt für Wohnzwecke.
  12. Bei den Einheiten handelte es sich um das Fürstlich Lippische Füselier-Bataillon sowie das III. und IV. Bataillon des I.R.55. Alle Angaben zu diesem Ereignis wurden entnommen aus Ruppert, A., Militär in Lippe, in: Riechert/Ruppert, Militär und Rüstung in der Region Lippe 1914-1945, Bielefeld 2001, S. 56
  13. Ruppert, S. 58
  14. Nähere Angaben zu diesem Ereignis bei Ruppert, S. 74
  15. Menninghaus, S. 101
  16. Menninghaus, S. 76
  17. Menninghaus, S. 66
  18. Riepelmeier, Das Bw Herford, in: Fuhrmann, M., Deutsche Bahnbetriebswerke (München 2005) Loseblatt, S. 13t
  19. Zur Detmolder Straßenbahn siehe auch Fn.7.
  20. Riepelmeier, (Lippe), S.158 und Genz, U., vor 25 Jahren: Rückblick in das Gründungsjahr der Eisenbahnfreunde Lippe e.V., Mitteilungsblatt Eisenbahnfreunde 2/1999, S. 7-8
  21. Soppa, K., Lippe unterm Fahrdraht und Fahrzeugschau im Bahnhof Lage, in: Mitteilungsblatt Eisenbahnfreunde, Heft 4/2004, S. 6-7
  22. Menninghaus, S. 119
  23. Lippische Landeszeitung, Ausgabe vom 10.02.1981
  24.  Riepelmeier, G., S. 96
  25. Programmpunkte entnommen aus dem Veranstaltungsprogramm “Tag der offenen Tür im Bahnhof Detmold” (in Zusammenarbeit mit der Stadt Detmold
  26. Marittschnigg, R., Nachtschicht im Bahnhof Detmold, in: Mitteilungsblatt Eisenbahnfreunde, Heft 7/8 1989, S. 2-3
  27. Vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen in dieser Reihe zum Empfangsgebäude.